Es war Zeit einmal wieder den Staub von der Tribüne wischen zu lassen, denn Malicia Claudia, die hingebungsvolle Gattin des Präfekten Feistus Claudius wollte ein weiteres Mal die Abwesenheit Ihres Mannes nutzen, um in der römischen Provinz Syria, nahe der persischen Grenze, Spiele zu ihrer eigenen Belustigung stattfinden zu lassen. Den Sieger sollte wiederum eine ganze Woche Labsal in der Villa des Präfekten unter der allumfassenden Fürsorge der Hausherrin höchstselbst erwarten. Nach der letzten derartigen Ausschweifung Malicias hatte der davon nicht sehr erbaute Feistus Claudius die kleine schmutzige Arena mit den verfallenden Überresten einheimischer Baukultur in der Nähe seiner Residenz absichtlich verkommen lassen, um den Trieben seines Eheweibes Einhalt zu gebieten.
Von seinen ständig weingeröteten, nicht ganz so wachsamen Augen unbemerkt war es Malicia Claudia jedoch während des vergangenen Dutzend Jahren gelungen in einem abgelegenen Wäldchen auf den Ländereien von Feistus eine kleine hölzerne Arena als Ersatz durch ihre Haussklaven und Bauern errichten und in einwandfreiem Zustand erhalten zu lassen. Nur ein kleiner Kreis ihrer engsten Freunde wusste davon und wurde zu den Spielen eingeladen, die jedes Mal dann stattfanden, wenn Feistus wieder einmal nach Rom abberufen wurde. Eine kleine hölzerne Tribüne für eine halbe Centurie reichte also vollkommen aus, um den standhaften Gladiatoren bei ihren blutigen Geschicklichkeits- und Kraftproben zuzuschauen und ein paar Sesterzen zu verwetten. Malicia hatte sogar in einen eisernen Raubtierkäfig investiert, aber bisher war es ihr nicht gelungen eines der seltenen afrikanischen Tiere in diese entlegene Gegend importieren zu können. Wahrscheinlich lag es an der Unfähigkeit oder dem Unwillen der mittelmäßigen Gladiatorenschulenbetreiber, die sie verdingen musste, um überhaupt Nachschub an kämpfendem Material zur Unterhaltung ihrer Freunde in diese unwirtliche Provinz zu bekommen. Irgendwann, so schwor sie sich, würde sie einen Verbrecher von einem Löwen zerreißen lassen. Diese gelb-schwarz gestreiften oder gefleckten Tiere – sie war sich da nicht so sicher - hatten es ihr angetan. Oder ein Nilpferd mit seinem langen Rüssel und den gefährlichen Stoßzähnen könnte einen tapferen Gladiator zertrampeln, wenn sie nur genug Sesterzen aufbrachte und einen entsprechenden Händler in die Reichweite ihrer spitzgefeilten Fingernägel bekäme.
Malicia scheute fast keine Kosten, um sich aus dem nicht unbeträchtlichen Einkommen des Präfekten, den einen oder anderen Luxus zu gönnen. Als nach langer Zeit endlich ein Tross mit Händlern und ihren Waren vor den Pforten ihrer gepflegten Villa aufgetaucht war, hatte sie nach Gladiatoren geschickt und auch kurz darauf bekommen. Gleich zwei Lanistae machten ihr wenige Wochen die Aufwartung, um vollmundig ihre angeblich unbesiegbare Ware anzupreisen. Docus Subtilimus und Michimus Minibus wetteiferten mehrere Tage und Nächte um ihre Gunst, wobei sich Malicia nicht unabsichtlich außerordentlich viel Zeit für die Verhandlungen ließ, denn viel Abwechslung bot das ruhige Leben in der Villa Rustica höchstens den Sklaven, die am einen Tag auf den Feldern schuften und am nächsten die Latrinen putzen mussten.
Nach einer auslaugenden Woche in den Gärten und Gemächern des Präfekten waren die beiden Gladiatorenbesitzer zu einer Übereinkunft mit Malicia Claudia gekommen, die einen Vergleich der Ware in der Arena forderte. Dieser war dann im kleinen Kreis der engsten Freunde abgehalten worden und sorgte für weitere Kurzweil unter den Beteiligten. Die Domina beugte daraufhin sich dem Willen ihrer Vertrauten gleich beide Schulen zu engagieren, um weiterhin den spannenden Wettbewerb zwischen den gegnerischen Gladiatoren und ihren Schulen zu befeuern, der mehr Hingabe versprach als das lustlose Geplänkel befreundeter Kämpfer aus dem selbem Ludus. Das würde Feistus zwar das Doppelte kosten, aber Malicia hatte es vor zwölf Jahren bereits als frisch angetraute Ehefrau wohl verstanden die eine oder andere Sesterze aus dem prallen Säckel des Präfekten abzuzweigen und diese Fähigkeit mittlerweile zu anbetungswürdiger Perfektion weiterentwickelt.
Nachdem Michimus Minibus vermelden konnte, dass frischer Nachschub an Gladiatoren eingetroffen sei, wurde ein neuer Termin festgesetzt, um die kleine Arena wieder zu beleben. Am dritten Tag vor den Nonae des October trafen sich die Schulen von Lanista Docus und Lanista Michimus mit den Zuschauern in dem kleinen Wädchen. Willige Sklaven hatten bereits die Tribüne entstaubt und Fackeln angezündet, die das Rund hell erleuchteten. Zuvor hatte man sich bei einer kleinen Orgie an dicken Bohnen, gefüllten Weinblättern, gebratenem Schwein und Brot gelabt, jedoch dem Wein abgeschworen, damit man bei der folgenden Veranstaltung auch alle Sinne beieinander hätte und nichts verpassen würde.
Docus Subtilimus schickte einen etwas zu kurz geratenen Provocator namens GERMANVS in den Ring, während Michimus Minibus auf seinen riesenhaften Neuzugang VIBIA, eine weibliche Retiaria unbekannter Herkunft mit blonder Perücke und rotem Umhang baute.
Beide Gladiatoren bildeten sich viel auf ihre Fertigkeiten und ihre Erscheinung ein. Wiederholt buhlten sie um die Gunst des Publikums und versuchten sich selbst anzufeuern. Meistens wurden sie abwechselnd vom Publikum und ihrem Gegner gleichermaßen verhöhnt, aber ab und zu zollten die Zuschauer doch dem einen oder anderen durch mäßigen Beifall wenigstens ein kleines bisschen Respekt. Immerhin konnte Germanus seinen Würfelvorrat dadurch zweimal und Vibia einmal aufstocken und bei Angriffen einen zusätzlichen Gunst-Würfel werfen.Vibia gelang es immer wieder sich den aufdringlichen Germanus vom Leib zu halten. Entweder stieß sie ihn von sich oder lief ihm einfach davon. Doch dieser setzte ihr immer wieder nach und gewann ob seiner überlegenen Körperkraft und stärkeren Bewaffnung langsam die Oberhand. Zwar war er nicht so geschickt im Umgang mit seiner Ausrüstung wie Vibia, aber die schwerere Rüstung verhinderte seine Unterlegenheit und da ohnehin er in besserer körperlicher Verfassung als seine Gegnerin in den Kampf gegangen war, musste er weniger einstecken als diese. Trotzdem gelang es Vibia einen potenziell tödlichen Stoß mit dem Dreizack anzubringen, der ihm bereits sein Ende unausweichlich erschienen ließ, doch fehlte der verletzten Retiaria in ihrem geschwächten Zustand letztendlich die Kraft ihm die Waffe weit genug in den Leib zu treiben, um sein Schicksal zu besiegeln. Mit knapper Not entkam Germanus dem Unausweichlichen, da der Kampf nach Ablauf der Zeit beendet wurde und beide Gladiatoren noch aufrecht stehen konnten.
Malicia Claudia würde an diesem Abend und für den Rest der Woche zwei Sieger an ihre fürsorgliche Brust nehmen können und verließ die Arena nach dieser kurzweiligen Vorstellung mit einem äußerst zufriedenen Lächeln.
Die Begegnung endete nach acht Runden gemäß Spielregel unentschieden, da kein Gladiator besiegt war und beide noch standen. Das Regelsystem war "Sons of Mars", das Doc und Michi beim letzten Treffen bereits erfolgreich getestet hatten. Doc hatte zwischenzeitlich einen Kartensatz als Download beschafft, den Michi ausgedruckt und laminiert hatte. Dadurch entfielen Charakterbögen und Tabellenblättereien, da sich alle Ausrüstung und Auswirkungen auf den Karten befanden und Änderungen im Spielverlauf direkt auf den Karten mittels Folienschreiber dukumentiert werden konnten. Obendrein konnte das Spiel dadurch ohne Marker und andere Hilfsmittel auskommen.
1 Kommentar:
Verständlicherweise hat Docus Subtilimus den Kampfverlauf in anderer Erinnerung. Vor allem dem Pöbel auf den Rängen dürfte die immerzu blutend davonhumpelnde Vibia in schlechter Erinnerung geblieben sein. Aber seis drum. Meine Gladiatorenschule wird Michibus schon noch zeigen, wo der Dreizack hängt.
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